Mittwoch, 6. Januar 2010
Falls es denn so etwas geben sollte, dann haben wir es verloren, einfach so, irgendwo auf dem Weg zwischen Oesterreich und Grossbritannien vermutlich.

Man kommt nach Oesterreich und sieht bzw. hoert es dauernd - die Menschen blicken sich bedeutungsvoll an und sagen Saetze wie: "Es hat schon wieder 10 Grad." "Heute hat es nur 3 Grad."

Und irgendwie scheint das Gegenueber immer zu verstehen, wovon sie sprechen, waehrend man sich selbst fragt, ob es schon wieder plus Grade hat oder die Rede doch von minus Graden ist.

Irgendwo versteckt muss es einen Hinweis geben, der darauf schliessen laesst, was gemeint ist. Warum sonst wuerde man bei Nachfragen verwirrte Blicke ernten. Vielleicht liegt es an der Betonung des Wortes "Grad", vielleicht aber auch an der Aussprache der Zahl selbst.

Es muss an dieser Stelle betont werden, dass Gespraeche dieser Art immer im Haus und ausser Reichweite eines Thermometers gefuehrt wurden.

Uns ist jegliche Erleuchtung verwehrt geblieben. Wer kann uns helfen, das zu verstehen?




Sonntag, 20. Dezember 2009
Wer auch immer das Spiel des Jahres kuert, wir moechten einen Vorschlag einreichen - "Spot the German"

Das populaere Gesellschaftsspiel hat unserer Meinung nach die besten Voraussetzungen, das Rennen zu machen. Es gibt weder eine limitierte Spieleranzahl noch Alterrsgrenzen. Da kein Spielmaterial dafuer gebraucht wird, ist es auch wunderbar geeignet für unterwegs. Ausserdem ist es anregend fuer Phantasie und Beobachtungsgabe.

Ziel des Spieles ist es, in den Touristenmassen die deutschsprachigen heraus zu filtern. Pro deutschsprachigem Tourist gibt es einen Punkt fuer denjenigen, der ihn zuerst erkannt hat.

Am Ende des Tages werden die Punkte aufgerechnet und der Sieger gekuert.

Wie man bei der Suche vorgeht, bleibt jedem selbst ueberlassen. Ein geschultes Auge fuer die typischen Merkmale hilft beim Erkennen aus der Ferne.

Aufgrund der Popularitaet des Spieles befasst man sich auch in Internetforen damit, Tipps werden ausgetauscht.

http://www.deutsche-in-london.net/forum/index.php/topic,34122.0.html

Hier folgt noch eine Auflistung der wichtigsten Merkmale als Hilfestellung fuer Beginner. Unsere geheimen Truempfe koennen wir natuerlich nicht weitergeben. Sie sind auch oft kaum in Worte zu fassen, man muss sie selbst erleben:

- gedeckte Farben (beige/braun/ocker/aprikot/vanille und eventuell marine)
- Outdoorkleidung von Kopf bis Fuss
- Turnschuhe + Jeans
- Eastpak Rucksaecke
- Haarschnitt




Dienstag, 21. Juli 2009
Wenn ich glaube, die Schweinegrippe zu haben und mich von meiner "Schweinchenlampe" bestrahlen lasse, werde ich dann bald wieder gesund oder macht das die Schweinegrippe gross und stark?

In Grossbritannien darf man nicht mehr zum Hausarzt gehen, wenn man glaubt, die Schweinegrippe zu haben. Uebers Telefon werden die Symtome gecheckt und dann kann man einen "flu friend" (Grippe-Freund) zur Ausgabestelle der Medikamente schicken. Wer bitte soll freiwillig mein "flu friend" werden wollen?

In unserem Bezirk wird kaum Schweinefleisch gegessen. Wieso soll es bei uns die meisten Schweinegrippefaelle geben? Oder steckt man sich gar nicht beim Essen an?

Verändert sich bei der Schweinegrippe Nasenform und Hautfarbe?

Was ist mit unseren Sparschweinen? Durch die Finanzkrise geschwaecht sind sie doch besonders anfaellig fuer die Schweinegrippe?

Und was passiert zu Silvester? Wird das Verschenken von Schweinchen verboten, und besinnen sich die Briten wieder zurueck auf das Rind?

Oder haben wir da etwas falsch verstanden? Oink?




Freitag, 5. Juni 2009
Voller Enthusiasmus habe ich mich zum Wahllokal aufgemacht, wie zu Hause werden dazu auch hier gerne Schulen hergenommen.

Beim Schultor hinein und um die Ecke gebogen, stand ich erst mal vor der Schulkueche. Eine nette Dame, die das an dem Tag offenbar schon mehrfach gemacht hatte, erklaerte mir den Weg und fluchte wahrscheinlich innerlich, dass das Mittagessen wohl nie fertig werden wuerde.

Endlich angekommen, musste ich meine Wahlkarte vorzeigen und meine Adresse aufsagen. Nun kann ich ja in Oesterreich behaupten, dass man mich im eigenen Ort kennt und ich dort auch gemeldet bin, aber hier? Ohne Meldepflicht und Ausweis glaubt mir jeder, dass ich ich bin, weil ich die Adresse wiederholen kann, die auf der Wahlkarte steht.

Ich versuche mir die Grundsaetze des Wahlrechts in Erinnerung zu rufen: allgemeines, gleiches, geheimes ... GEHEIMES ... in dem Moment bin ich bei meiner Wahlkabine angekommen und frage mich, wo die restlichen zwei Waende dieser "Kabine" hingekommen sind.

Der ca. 1 Meter lange, mehrfach gefaltete Wahlzettel hat nicht auf dem Tischchen Platz. Oben finden sich die "rechten", unten die "linken" Parteien - meine Gesinnung zeige ich nun damit, wie weit ich den Zettel auffalte.

Beim Hinausgehen lacht mich die Dame, die mich auch empfangen hat, mit einem Zwinkern an.
Ich glaube, ich habe richtig gewaehlt.




Donnerstag, 9. April 2009
Wir muessen zwar nicht unbedingt jeden Trend mitmachen, aber in London ist es fast unmoeglich, neue Trends nicht aufzuschnappen.

Die Zeitungen meinen, in Zeiten der Finanzkrise sollte man es sich zu Hause gemuetlich machen und auch gleich noch ein schoenes "Do it yourself"-Hobby haben.

Schon sieht man so manche im Bus sitzen und, dem guten Rat folgend, mit den Nadeln klimpern.

Freunde, die bei jedem Trend von Anfang an dabei sein wollen, haben sich sogar schon ueberlegt, einen Kurs zu belegen.

Angesteckt vom allgemeinen Rummel haben auch wir uns ans Werk gemacht und ein neues Haustier kreiert - ein aeusserst ruhiger, angenehmer Zeitgenosse.


Piepmatz
Produktion: Anita
Qualitaetskontrolle: Jan
(Trend: Stricken)




Mittwoch, 4. März 2009
Gefasst auf alle Anschuldigungen der Subjektivitaet und Kurzsichtigkeit wollen wir es dennoch wagen und einmal die positiven Aspekte der Finanzkrise hervorheben.

Der gemeine Festland-Europaer steckt bekanntlich weniger in unueberblickbaren Krediten fest und hat daher schon einmal einen klaren Startvorteil in Zeiten wie diesen.

Gehoert man dann (im Moment noch) zur privilegierten Gruppe der Job-Besitzer, ist das Ganze schon gar nicht mehr so schlimm.

Klar koennte man sich ueber die schliessenden Restaurants beschweren, sollte sich aber viel mehr auf die noch offenen stuerzen, welche die potenziellen Gaeste mit "2 fuer 1"-Gutscheinen ueberhaeufen. Haette man sich vor einem Jahr noch komisch gefuehlt, beim Restaurantbesuch gleich zu Beginn auf einen vorhandenen Gutschein hinzuweisen, so gehoert das heute genauso zum Essen gehen wie ein verstohlener Blick auf die Nachspeisen-Karte, obwohl man ja eigentlich schon viel zu satt ist.

Auch sonst wird ueberall versucht, die noch vorhandene Kaufkraft mit "special offers" fuer sich zu beanspruchen.
(www.vouchercodes.co.uk/printable-vouchers.html)

Klar, Urlaub im Euro-Raum ist fuer die naechsten Jahre gestrichen, aber Grossbritannien ist trotz Regen so attraktiv wie nie zuvor.

Ausserdem bieten sich ungeahnte Chancen auf ein Leben in Luxuswohnungen. Immer mehr Wohnungssuchende besetzen Haeuser und stuerzen sich bevorzugt auf ehemalige oder Nachbarwohnungen von Stars. Da das sogenannte "Squatting" an sich kein strafrechtliches Delikt ist, wenn das Haus nicht aufgebrochen wird, stehen die Chancen auf eine laengerfristige Unterkunft auch ganz gut.

Das klingt doch alles gar nicht so schlecht, oder???




Mittwoch, 18. Februar 2009
... an den Schnee und all die wundersamen Auswirkungen, die er auf London und seine Bewohner hatte:

Arbeitskollegen (aus Florida), die den Schnee vor dem Restaurant mit heissem Wasser bekaempfen und auf den Vorschlag, Salz zu verwenden, um Gefrieren zu verhindern, nur mit Lachen reagieren

Ein voellig ausser Kraft gesetztes oeffentliches Verkehrsnetz - das heisst U-Bahnen nur im Innenstadtbereich und ueberhaupt keine Busse

Erstaunte, bewundernde und neidvolle Blicke, wenn man es im allgemeinen Chaos geschafft hatte, ein Taxi zu erwischen

Eine Stadt uebersaeht von (Moechtegern-)Schneemaennern

Nahezu voelliges Erliegen des Flugverkehrs

Naechte voller Laerm, der das ungute Gefuehl von Jugend-Bandenkriegen aufkommen laesst (und bei einem Blick aus dem Fenster auch so aussieht), in Wirklichkeit aber nur eine Riesen-Schneeballschlacht der Dorfjugend ist

Massen von Angestellten, die schon Stunden vor Bueroschluss (einige gerade erst angekommen) wieder nach Hause geschickt werden wegen erneuter Schneesturmwarnungen

Tagelanges Bangen in Erwartung neuer Schneemassen und ebenso tagelang nachgezogene Verspaetungen von eben diesen ersten Massen

Wir hofften ja schon beim erneuten Schneefall diese Woche, dass wir dieses einzigartige Schauspiel noch einmal erleben duerfen, aber wahrscheinlich ist einem das wirklich nur alle 18 Jahre einmal gegoennt.




Montag, 9. Februar 2009
Branche:
vorwiegend in der Baubranche, hier aber in den verschiedensten Bereichen, vom Hausbau ueber Bahnen bis hin zum Strassenbau

Aufgabenbereich/Jobbeschreibung:
Der Beobachter arbeitet in Teams von etwa 3 Personen und ist, waehrend seine Kollegen die tatsaechliche Arbeitsaufgabe bewaeltigen, fuer die kontinuierliche und aufmerksame Beobachtung der Situation zustaendig. Ohne sich ablenken zu lassen, hat er sowohl den Arbeitsablauf als auch die Umgebung voll im Visier.

Arbeitskleidung:
gelbe oder orange Warnweste und Helm

Gewuenschte Voraussetzungen:
Geduld, scharfe Beobachtungsgabe, Teamfaehigkeit, "wetterfeste" Persoenlichkeit




Montag, 2. Februar 2009
Was am Abend noch so zauberhaft aussieht,



legt am Morgen alles lahm.

Die angeblich schlimmsten Schneefaelle seit 18 Jahren stoppen alle Busse und die meisten U-Bahnen. Die tapferen Menschen, die sich teilweise stundenlang durch den Schnee gekaempft haben, um zur Arbeit zu kommen, werden schon nach wenigen Stunden wegen erneuten Schneesturm-Warnungen wieder nach Hause geschickt.

Die meisten Schulen bleiben geschlossen und fuer die Kinder bleibt Zeit zum Schneemann bauen, womit sie aber sichtlich heillos ueberfordert sind.





Dienstag, 20. Januar 2009
Ein Paerchen steht im Geschaeft und interessiert sich fuer Kamerastative. Ein Stativ steht ausgepackt da, alle anderen sind in Kartons, mit Sicherheitsklebebaendern verschlossen.
P (Paerchen): Koennten wir vielleicht eine Verpackung oeffnen, wir wuerden gerne die Stative vergleichen.
V (Verkaeufer): Nein, das geht nicht wegen den Klebebaendern.

Der Verkaeufer geht, das Paerchen versucht, selbst mehr ueber die verschiedenen Modelle herauszufinden. Nach weiteren fuenf Minuten:
P: Entschuldigung, koennten Sie uns vielleicht den Preis von dem Stativ sagen? (Das Paerchen zeigt auf das ausgestellte Modell, an dem man nicht erkennen kann, zu welcher Verpackung es gehoeren koennte.)
V: Welches ist denn das?
P: Sollten das nicht Sie wissen?
V: Ich kann mal im Computer nachsehen.

Der Verkaeufer verschwindet, ist aber nach einer Minute schon wieder zurueck.
V: Irgendjemand hat das Computersystem ruiniert, ich kann nicht nachsehen.
P: Koennten Sie uns vielleicht so weiterhelfen, wir wuerden gerne wissen, wo die Unterschiede sind, welches wieviel kostet.
V: Nein, ich bin ja nur ein Verkaeufer.
P: Gut, dann verkaufen Sie uns bitte etwas - wir wuerden gerne ein Stativ kaufen.
V: Ich bin aber nur ein schlechter Verkaeufer.

Sprachlosigkeit macht sich breit und das Paerchen verlaesst ohne weitere Kommentare das Geschaeft.





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